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GulichDr. Joachim Gulich LL.M.
Rechtsanwalt und Notar
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Aufhebung einer Ausschreibung wegen Unwirt-schaftlichkeit

News - 01.01.2013

In einem VOL/A - Vergabeverfahren liegen die zwei führenden Angebote nach der fachlichen Wertung um bis zu 15 % oberhalb der von der Vergabestelle geschätzten Auftragswerte. Die Vergabestelle stuft diese als "unwirtschaftlich" ein. Sie prüft daher die weiteren Angebote nicht mehr, sondern hebt die Ausschreibung unmittelbar gemäß § 17 Abs. 1 c VOL/A auf, um freihändig zu vergeben.

 

Auf den Nachprüfungsantrag eines Wettbewerbsteilnehmers ordnet die Vergabekammer des Bundes (VK Bund, Beschluss vom 04.07.2012 – VK 1-64/12) die Fortsetzung des Vergabeverfahrens an, da kein Aufhebungsgrund vorliege. Ob die Ausschreibung kein wirtschaftliches Ergebnis im Sinne von § 17 Abs. 1 c VOL/A hatte, stehe mangels ordnungsgemäßer Beendigung der Angebotswertung noch nicht fest. Denn die Vergabestelle habe die weiteren nach den aufgestellten Kriterien in der Wertung verbliebenen Angebote noch gar nicht auf Angemessenheit ihrer Preise geprüft. Zudem hätten die beiden vorn liegenden Bieter nach dem Sinn und Zweck des § 16 Abs. 6 VOL/A bezüglich ihrer ungewöhnlich hohen Angebote zunächst um Aufklärung gebeten werden müssen. Eventuell hätten deren Angebote nach entsprechenden Erläuterungen doch als wirtschaftlich in der Wertung verbleiben können.

 

Formal müssen Vergabestellen deshalb vor einer Aufhebung alle wertbaren Angebote auf Angemessenheit des Preises prüfen. Außerdem müssen sie zwingend aufklären, bevor sie aufheben können. Sachlich müssen sie die Kostenschätzungen - insbesondere ihrer hierfür oftmals extern beauftragten Büros – vor Verfahrenseinleitung genauestens hinterfragen. Eine Aufhebung der Ausschreibung ist regelmäßig dann nicht gerechtfertigt, wenn der Vergabestelle die fehlende Finanzierung bei einer mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführten Ermittlung des Kostenbedarfs bereits vor der Ausschreibung hätte bekannt sein müssen (VK Lüneburg, Beschluss vom 27.09.2010 – VgK 37/2010). Natürlich muss eine Kostenermittlung nicht auf den letzten Cent punktgenau sein. Sie muss „vertretbar“ sein. Allenfalls dann kann auch im Bereich der VOB/A die Überschreitung der verfügbaren Finanzmittel jenseits einer Abweichung von 10 % eine Aufhebung rechtfertigen.