Tahsin Er
Rechtsanwalt
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Zwischen Vertragsabschluss und Inbetriebnahme von Windenergieanlagen (WEA) liegen nicht selten mehrere Monate bis Jahre. Was in diesem Zeitraum rechtlich gilt und, ob die Parteien in diesem Zeitraum einfach kündigen können, hatte nun der BGH zu entscheiden.
Der BGH befasste sich im Urteil vom 12.03.2025 (BGH, XII ZR 76/24) mit dem Rechtsverhältnis von Eigentümern zu Projektierern. Er musste entscheiden, was vor Inkrafttreten gilt, und welche Kündigungsmöglichkeiten bestehen.
Der Sachverhalt lag wie folgt: Der Eigentümer hatte einen Pachtvertrag geschlossen, welcher dem Projektierer ermöglichen sollte, auf dem Grundstück WEA zu bauen. Der Vertrag sollte mit Inbetriebnahme der letzten WEA in Kraft treten. Was bis dahin gelten sollte, regelte der Vertrag nur am Rande.
Besonders für Projektierer bestehen hier enorme Unsicherheiten. Die vertraglichen Regelungen im Miet-/Pachtvertrag greifen hier noch nicht. Denn durch die Klausel zum Inkrafttreten vereinbarten die Parteien nach dem BGH eine sog. aufschiebende Bedingung. Das bedeutet, der Vertrag wird erst mit Bedingungseintritt (Inbetriebnahme der WEA) voll wirksam.
Der BGH entschied, dass bis zum Inkrafttreten ein unbefristetes Miet-/ Pachtverhältnis vorliegen kann. Hier greifen dann die gesetzlichen Regelungen für ebendieses. Das wiederum bedeutet, dass beide Seiten ordentlich kündigen könnten, bevor der Vertrag überhaupt richtig „angefangen“ hat. Die Befristung im Vertrag, die ein ordentliches Kündigungsrecht grds. ausschließt, greift ja noch nicht!
Was passiert nun, wenn sich eine Seite entscheidet, vor „Vertragsbeginn“ zu kündigen? So ist es im vom BGH zu entscheidenden Fall geschehen. Der Eigentümer kündigte den Vertrag ordnungsgemäß vor Inkrafttreten. Einen Kündigungsausschluss hatten die Parteien nicht vereinbart. Der Projektierer stand nun mit leeren Händen da. War die Vorarbeit nun umsonst? Der BGH sagt: Nein!
Er entschied, dass die Vertragsparteien schlüssig einen Kündigungsausschluss für den Zwischenzeitraum vereinbart haben. Das ergebe sich aus einer umfassenden Interessenabwägung im Einzelfall.
Gemessen an den Interessen der Vertragsparteien ist diese Entscheidung richtig. Die Rechte des Eigentümers werden nicht erheblich eingeschränkt. Er kann sein Grundstück bis zum Beginn uneingeschränkt nutzen oder gar verwerten. Er muss es in der Schwebezeit lediglich „bereithalten“. Die Schwebezeit ist auch nicht unbegrenzt, da typischerweise Rücktrittsrechte ab Überschreitung eines gewissen Zeitraums bestehen. Der Projektierer dagegen liefe Gefahr, sein von langer Hand geplantes und vorbereitetes Projekt vor Beginn beerdigen zu müssen. Das Interesse des Projektierers wertete der BGH zu Recht als überwiegend.
Fazit:
Der BGH stärkt den Projektierern den Rücken. Im o.g. Urteil nimmt er Bezug auf die Besonderheiten bei der Windkraft und der entsprechenden Schutzwürdigkeit. Diesen Unsicherheiten können Sie mit einer umfassenden Vertragsgestaltung vorbeugen. Bei uns sind Sie dafür an der richtigen Stelle!