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StangerJens Stanger
Rechtsanwalt
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EuGH: Warum die Deutsche Bahn Sie demnächst nicht mehr nach Ihrem Geschlecht fragen wird

Datenschutz - 04.03.2025

Am 09.01.2025 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass die verpflichtende Angabe des Geschlechts ("Herr" oder "Frau") beim Erwerb eines Bahntickets gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstößt. Die Entscheidung wurde im Rahmen eines Verfahrens gegen das französische Eisenbahnunternehmen SNCF Connect getroffen. Der EuGH stellte fest, dass die Erhebung dieser Daten nicht für die Vertragserfüllung erforderlich ist und somit der Grundsatz der Datenminimierung verletzt wird.

Die französischen Datenschutzbehörde CNIL wollte auf eine entsprechende Beschwerde eines Verbandes nicht einschreiten, da die Abfrage des Geschlechts laut CNIL keinen Verstoß gegen die DSGVO darstelle. Der EuGH entschied jedoch, dass für die ordnungsgemäße Erfüllung eines Schienentransports keine Personalisierung der Kommunikation auf Grundlage des Geschlechts notwendig sei und damit auch die Rechtfertigung für die Erhebung dieses Datums im Zusammenhang mit der Vertragserfüllung entfalle.

Das Urteil des obersten europäischen Gerichtes könnte weitreichende Folgen für die Praxis auch in Deutschland haben. Bereits die bloße Speicherung des Geschlechts des Kunden kann nicht mehr auf die Rechtsgrundlage der reinen Vertragserfüllung (Art. 6 Abs. 1 lit. b) DSGVO) gestützt werden. Unternehmen sollten nun ihre Datenverarbeitung überprüfen und ihre Anrede entweder auf eine inklusivere Variante umstellen oder in ihrer Datenschutzerklärung für den Rechtfertigungsgrund der Interessenabwägung (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO) die Wendung „Kundenservice und personalisierte Anrede“ als zusätzliches legitimes Interesse mit aufnehmen und die Auswahl des Geschlechtes in der Abfrage optional anstatt verpflichtend machen.

Dieses Urteil wird sicherlich Diskussionen auslösen. Unternehmen mit größerem Kundenbestand dürften sich jedoch auf entsprechende Nachfragen von Betroffenen einzustellen haben.