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OttDr. Hendrik Ott
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Neuer Widerrufsjoker aus Europa

Bankrecht - 06.05.2020

Mit Urteil vom 26.03.2020 (Az. C-66/19) entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass Widerrufsinformationen in Verbraucher-Kreditverträgen mit Kaskadenverweis europarechtswidrig sind. Gemeint sind hiermit Widerrufsinformationen, die auf gesetzliche Vorschriften verweisen, die ihrerseits auf andere Vorschriften weiter verweisen. Für einen Verbraucher sei es bei solchen Verweisungsketten kaum möglich zu erkennen, wann seine Widerrufsfrist zu laufen beginnt und welche Voraussetzungen dafür erforderlich sind. Der Bundesgerichtshof hat demgegenüber solche Verweisungsketten bislang für zulässig erachtet, was er nunmehr zu überdenken haben wird. Gleiches gilt für den deutschen Gesetzgeber, der den Banken bisher Vertrauensschutz eingeräumt hat, sofern sie den gesetzlichen Mustertext der Widerrufsinformation ohne Änderung übernommen haben. Denn der vom EuGH abgelehnte Kaskadenverweis findet sich auch im deutschen Gesetzesmuster in der vom 11.06.2010 bis 20.03.2016 gültigen Fassung. Die spannende Frage lautet also: Was wiegt stärker - der Musterschutz der Banken oder die neue Rechtsprechung des EuGH? Hierzu dürfte eine Prozesslawine zu erwarten sein. Angesichts des aktuell sehr niedrigen Zinsumfeldes wird sich ein Widerruf für Verbraucher zumeist lohnen, denn sie müssen keine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen, wenn sie vorzeitig aus einem Altvertrag mit hoher Verzin-
sung aussteigen wollen.