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GulichDr. Joachim Gulich LL.M.
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Selbstreinigung – kein Selbstläufer!

Vergaberecht - 06.02.2019

Ein Bieter wehrte sich gegen seinen Ausschluss von einem Vergabeverfahren wegen seiner wettbewerbswidrigen Beteiligung an einem Kartell. Der Bieter hatte wegen dieser Kartellbeteiligung ein signifikantes Bußgeld bezahlt. Deshalb stellte er den Vorwurf nicht in Abrede, meinte aber, die Voraussetzungen einer Selbstreinigung nach § 125 GWB erfolgreich erfüllt zu haben. Die Vergabestelle schloss den Bieter trotzdem aus. Er habe nicht zielgerichtet zur Aufklärung der Kartellbeteiligung und des entstandenen Schadens mit ihr zusammengearbeitet. Vor allem habe er trotz Anforderung nicht den Bußgeldbescheid übermittelt.

§ 125 Abs. 1 Nr. 2 GWB verpflichtet Bieter bei der Aufklärung der Tatsachen und Umstände im Zusammenhang mit dem Fehlverhalten und dem verursachten Schaden zur aktiven Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden und – über die Vorgabe der maßgeblichen EU –Richtlinie 2024/14 EU hinaus - dem öffentlichen Auftraggeber.

Der EuGH (Urteil vom 24.10.2018 - Rs. C-124/17) bestätigt, dass ein Bieter im Rahmen der Selbstreinigung auch zur Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber (sogar bei „Eigeninteresse“ des Auftraggebers wegen ihm zugefügter Kartellschäden) verpflichtet ist. Diese Verpflichtung ist nach Auffassung des EuGH auf diejenigen Maßnahmen beschränkt, die zur Prüfung der Zuverlässigkeit des Bieters unbedingt erforderlich sind. Deshalb darf die Vergabestelle verlangen, dass der Bieter ihm die Entscheidung der Kartellbehörde zu dem in Rede stehenden Wettbewerbsverstoß übermittelt. Der Umstand, dass die Übermittlung dieses Dokuments eine Schadensersatzklage der (kartellgeschädigten) Vergabestelle gegen den Bieter erleichtern könne, ändere hieran nichts.

Die Entscheidung des EuGH gibt Auftraggebern bessere Handhabe bei der Durchsetzung von Schadensersatz nach Kartellrechtsverstößen. Grenze ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Der (drohende) Ausschluss sogar von künftigen Vergabeverfahren bis zu drei Jahre nach Behördenentscheidung könnte Hebelwirkung entfalten und Kartellanten zum Ausgleich entstandener Schäden motivieren.