Ulrich Conrady
Rechtsanwalt
Fachanwalt für
Arbeitsrecht
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Nach der bis Ende 2018 geltenden Rechtslage verfiel nicht genommener Urlaub am Ende des Kalenderjahres. Er wurde nur dann ausnahmsweise in das neue Kalenderjahr übertragen, wenn der Arbeitnehmer diesen aus persönlichen Gründen (Krankheit) oder betrieblichen Gründen („Urlaubssperre“) nicht nehmen konnte. Der Arbeitnehmer war deshalb gehalten, seinen Urlaub rechtzeitig vor dem Ende eines Kalenderjahres zu beantragen – andernfalls wurde er „welk“.
Dies gilt seit Ende des letzten Jahres nicht mehr. Der Europäische Gerichtshof hat in zwei Urteilen vom 06.11.2018 (C-619/16/ Shimizu und C-684/16/ Kreuziger) entschieden, dass der Urlaub nur dann verfällt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer rechtzeitig im laufenden Jahr darauf hinweist, dass er den Urlaub noch nicht (vollständig) genommen hat, und der Urlaub ohne rechtzeitigen Urlaubsantrag am Ende des Jahres verfällt (Urlaubshinweis). Diese Urteile binden die deutschen Arbeitsgerichte.
Die neue Rechtslage wirkt auch in die Vergangenheit. Es ist somit möglich, dass einige Arbeitnehmer Urlaub auch aus den Jahren vor 2018 geltend machen, den der Arbeitgeber schon als verfallen „abgeschrieben“ hat. Arbeitnehmervertreter werden im Fall einer Beendigung eines Arbeitsverhältnisses künftig regelmäßig „nach altem Urlaub scharren“.
Der Arbeitgeber ist auch künftig weder berechtigt noch verpflichtet, den Urlaub „zwangsweise“ anzuordnen. Auch ist er nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer den Urlaubshinweis zu geben. Ohne einen Urlaubshinweis wird jedoch etwaiger Resturlaub in das Folgejahr und ggfs. in Folge-Folgejahre übertragen – der Urlaub bleibt dann unbegrenzt frisch.