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GulichDr. Joachim Gulich LL.M.
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Vergaberecht entschleunigt Infrastruktur!

Vergaberecht - 02.04.2025

(OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.08.2024 –Verg 7/24)

Die Autobahn GmbH hatte verschiedene Bauarbeiten an einer Autobahn ausgeschrieben. Obwohl die Aufteilung in Fachlose grundsätzlich möglich gewesen wäre, entschied sie sich für eine Gesamtvergabe. Dagegen wehrte sich ein Anbieter für sogenannte Weißmarkierungsarbeiten. Er verlangte eine Losaufteilung. Die Vergabestelle argumentierte, dass die Gesamtvergabe aufgrund von Synergieeffekten und einer verkürzten Bauzeit wirtschaftlicher sei. Die verkürzte Bauzeit führe zudem zu kürzeren Sperrungen der Autobahn und damit zu weniger Umleitungsverkehr. Darüber hinaus würden Sicherheitsrisiken minimiert und Kompatibilitätsprobleme vermieden.

Im Nachprüfungsverfahren bestätigte die Vergabekammer des Bundes diesen Ansatz. Auf die Sofortige Beschwerde des Bieters verwarf das OLG Düsseldorf in seinem Beschluss vom 21.08.2024 diese sinnvolle Strategie und verpflichtete die Autobahn GmbH zur Teil- und Fachlosvergabe.

Der Senat unterstrich, dass die Losaufteilung als gesetzlicher Regelfall (§ 97 Abs. 4 GWB) grundsätzlich Vorrang habe. Der geringere Koordinierungsaufwand für die Auftraggeberin könne nicht als wirtschaftlicher Rechtfertigungsgrund herangezogen werden, ebenso wenig eine potenzielle Bauzeitverkürzung. Letztere sei deshalb irrelevant, weil sich hieraus keine unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteile für die Autobahn GmbH selbst ergäben. Es sei vergaberechtlich irrelevant, dass eine möglichst kurze Bauzeit bei Autobahnbaustellen positive volkswirtschaftliche Auswirkungen mit sich bringe und aus kürzeren Bauzeiten positive Umweltauswirkungen oder geringere Unfallgefahren im Baustellenbereich resultierten. Schließlich bemühte der Senat das alte „Haben wir schon immer so gemacht“ - Argument: Weißmarkierungsarbeiten würden in 90% aller Fälle in einem getrennten Fachlos vergeben und es sei nicht erkennbar, weshalb der konkrete Einzelfall dies nicht zulasse.

Gegen konservative Denke helfen auch 500 Milliarden Euro Sondervermögen nicht. Solange der von gewerblichen Investoren längst widerlegte Ansatz der Fach- und Teillosvergabe das Vergaberecht beherrscht (und Gerichte dessen Wirkung praxiswidrig überhöhen), werden wir die marode Infrastruktur in der Bundesrepublik Deutschland nicht zeitnah auf Vordermann bringen. Es wird Zeit, dass der Gesetzgeber die Heilige Kuh der Fach- und Teillosvergabe schlachtet.