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GulichDr. Joachim Gulich LL.M.
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Vollständigkeit der Leistungsbeschreibung und VOB/A

News - 04.05.2006

Nach § 9 Nr. 1 und 2 VOB/A ist bei öffentlichen Ausschreibungen die Leistung erschöpfend und eindeutig zu beschreiben. Dem Auftragnehmer soll kein außergewöhnliches Risiko oder Wagnis überbürdet werden. Treten bei Ausführung Leistungserschwernisse auf, berufen sich Auftragnehmer zur Begründung zusätzlicher Vergütungsansprüche häufig darauf, dass die vom Auftraggeber aufgestellte Leistungsbeschreibung gegen § 9 VOB/A verstoße. Ihnen stehe deshalb ein zusätzlicher Werklohnanspruch in der Höhe zu, der sich ergäbe, wenn die Leistung nach Maßgabe des § 9 VOB/A beschrieben wäre.

Das Kammergericht Berlin hat diese Auffassung in erneut zurückgewiesen. Die VOB/A ist keine Rechtsnorm, sondern nur eine interne Verwaltungsanweisung. Es lässt sich aus § 9 VOB/A ebenfalls keine vertragsimmanente Risikobeschränkung zugunsten des Auftragnehmers ableiten. Entsprechend ist der Auftraggeber durch § 9 VOB/A nicht gehindert, eine offene und vollständige Risikoübertragung auf den Auftragnehmer zu vereinbaren. Wenn der Auftraggeber deshalb im Rahmen der Vertragsverhandlungen offen legt und zu erkennen gibt, dass er bestimmte Risiken auf den Auftragnehmer übertragen will, stellt dies kein ungewöhnliches Wagnis im Sinne von § 9 VOB/A dar. Wenn sich anschließend in der Ausführung dieses Risiko verwirklicht, besteht kein Anspruch des Auftragnehmers (Urteil vom 14.02.2006, 21 U 5/03, Olympiastadion Berlin).

Diese – nicht neue – Rechtsprechung unterstreicht erneut die Notwendigkeit, bereits im Zuge der Angebotsbearbeitung und der Vertragsverhandlungen Risiken ganz klar zu identifizieren und kalkulatorisch zu bewerten. Ggf. ist im Verhandlungsprotokoll klarzustellen, welche Risiken nicht übernommen werden sollen.